„Das ist meiner! Hier ist auch eine Haltestelle? Schnell, über die Straße, das schaffe ich noch.“
Glücklich sitze ich im Bus.
Basel, mit dem öffentlichen Nahverkehr, ist für mich fast wie ein Urlaubsabenteuer, da ich mit dem Fahrrad oder mit dem Auto immer nur die bekannten Wege nutze. Ich mache es mir bequem und packe mein iPad aus. Zeit, ein bisschen zu lesen. Ab und zu, geht mein Blick aus dem Fenster. Die Straßen und Viertel die an mir vorbeiziehen, sind mir völlig unbekannt. Ich wundere mich ein bisschen und mustere die Anzeigetafel, die praktischerweise im Bus angebracht ist: Ziel Kleinhüningen.
Seufzend, entspanne ich mich und bin sofort wieder in meinen Roman vertieft. Irgendwann, steht die Frau neben mir auf, lächelt mich kurz an und zieht dann ihren Koffer Richtung Ausstieg. Bei der nächsten Haltestelle verlässt sie den Bus und ich schaue wieder auf. Mittlerweile dämmert es und ich sehe, dass wir an einem Fluss gehalten haben, den ich nicht kenne. Meine Augen gehen zurück zur Anzeigetafel. Alles stimmt, trotzdem bin ich verunsichert. Der Hinweg war deutlich kürzer. Der ältere Mann, der sich neben mich gesetzt hat, riecht muffig. Sein graues, fettiges Haar, schaut wirr unter der karierten Wollmütze hervor, die er, trotz der Wärme im Bus, tief ins Gesicht gezogen hat. Sein dicker Schal verbirgt den Rest des Gesichts fast völlig. Er murmelt etwas vor sich hin und seine Hände sind rastlos. Ich mag ihn nicht ansprechen. Also versuche ich mich abzulenken und nehme meine Lektüre wieder auf. Diesmal gelingt es mir nicht so gut,- an der Geschichte liegt es nicht. Ich zücke mein Handy und öffne Google Maps. Ich liebe Google Maps, weil mich diese App schon auf vielen Reisen hilfreich begleitet hat. Der blaue Punkt zeigt mir auch diesmal zuverlässig wo ich bin.
Ich grinse. Der Fluss neben mir ist die Birs. Ich fahre ganz offensichtlich einen riesigen Umweg, also packe ich mein Buch weg und betrachte die fremde Gegend. Der Platz neben mir wechselt noch ein paar mal den Besitzer bevor die Haltestellen auf der Anzeigetafel vertraute Namen haben. Ich beobachte die Menschen um mich herum und mein Blick fällt auf eine kleine Familie. Das jüngste Kind, vielleicht zwei Jahre, sitzt auf dem Schoß der Mutter, die gleichzeitig die beiden anderen Sprösslinge, ihre Einkäufe und ihr Handy fest im Blick hat. Etwas an dem Kind rührt mich an. Das Mädchen ist völlig ruhig. Sie vertraut der Mutter. So, will ich auch sein. Zuversichtlich und angstfrei, an der Hand meines Vaters im Himmel, auch dann, wenn der Bus meines Lebens eine andere Richtung nimmt, als von mir geplant.
Meine unfreiwillige Sightseeingtour hat mir 45 Minuten Zeit geschenkt, und eine kostbare Erfahrung dazu.
Mögest auch du, zur Ruhe kommen, heute, ganz gleich wohin du unterwegs bist, wissend, dass dein Vater im Himmel dir nah ist.
Andreea = )